Wenn Eltern in die Schule gehen/Von der Rolle

Von der Rolle Im Familienklassenzimmer ist Mirjam Coach und ich Lehrerin. Wir sind aber auch ein Team, Vermittlerinnen und Mütter. In erster Linie sind wir jedoch Menschen, die anderen Menschen begegnen.

Im Familienklassenzimmer gibt es unterschiedliche Rollen:

Als Coach leitet Mirjam die Elternrunden. Sie überlegt sich Themen, die diskutiert werden können oder geht auf Anliegen von Eltern ein. Manchmal ergeben sich die Themen auch aus Situationen im ELKI. Zum Beispiel dann, wenn ein Kind nicht reagiert, wenn ein Elternteil etwas von ihm will. Oder auch, wenn Kinder nicht auf mich als Lehrerin hören möchten. Dies kann dann in der Elternrunde vertieft aufgegriffen werden und Eltern können sich gegenseitig ermutigen oder ihre Erfahrungen mit ähnlichen Situationen austauschen.

Ich unterrichte die Kinder. Manchmal bringen die Kinder etwas aus ihrer Klasse mit, das bearbeitet werden kann. Manchmal überlege ich mir etwas für die Kinder. Meistens hat es einen Zusammenhang mit den Zielen, die die Kinder gerade üben. Ist beispielsweise das Ziel, dass sie sich während einiger Minuten auf eine Sache fokussieren, dann wähle ich eine Aufgabe, die diese Aufmerksamkeit erfordert.

Gemeinsam führen Mirjam und ich als Team durch den Morgen. Jetzt, wo wir uns besser kennen, können wir uns spontan abwechseln oder die Leitung voneinander übernehmen. Während dem Morgen sprechen wir uns ab und können besser auf Situationen reagieren. Wichtig ist, dass wir eine gemeinsame Vorbesprechung und im Anschluss ans ELKI eine Nachbesprechung haben. In diesen Momenten zu zweit hat auch der Austausch über das persönliche Befinden Platz.

Die Eltern sind auch sehr gefordert: Sie sorgen dafür, dass ihr Kind mitmacht, das üben sie mit ihm. Manchmal heisst dies, die eigene Komfortzone zu verlassen und Dinge zu tun, die man noch nie getan hat. Auch wenn wir bei Spielen vor allem die Kinder ansprechen und es uns sehr wichtig ist, dass Eltern sich nicht exponieren müssen, so gibt es trotzdem Momente, die herausfordern. Mit dem eigenen Kind etwas zu basteln, bringt schon die eine oder andere Mama ganz schön ins Dribbeln und nicht jeder Papa schwitzt gerne bei Bewegungsspielen. Die Eltern nehmen in den Elternrunden auch am Gespräch teil. Einige Eltern können nicht so gut Deutsch. Für sie kommt diese Hürde zusätzlich dazu. Es gibt auch Eltern, die sich nicht gewohnt sind, über ihre Familien und darüber hinaus über ihre eigenen Unsicherheiten in Bezug auf die Erziehung zu sprechen. Da helfen dann aufgeschlossene Eltern, die mutig vorausgehen. Und Eltern, die sich zwar sehr gut ausdrücken können, aber bisher gemeint haben, dass die Schule alleine Verantwortung trägt für das herausfordernde Verhalten des eigenen Kindes und in der Gruppe nun merken, dass andere Eltern zum eigenen Kind eine bessere Bindung haben, werden manchmal etwas stiller.

Die Kinder üben die im Voraus abgemachten Ziele. Die Kinder zeigen sich aber auch unabhängig von Rollen und Erwartungen. So wie sie sind, im Moment. Damit geben sie uns allen dann Anlass zu Mutmassungen. Weswegen möchte das Kind heute nicht mit seiner Mama zusammenarbeiten? Weswegen will es heute nicht allein auf dem Stuhl sitzen, sondern auf dem Schosse des Vaters?

Kinder leben im Moment. Sie spiegeln Spannungen, Freude und Stress. Sie kommen nicht ins ELKI und werden zu den Kindern, die sie sein sollen. Sie sind die Kinder, die sie im Moment sein können.

Und wir versuchen, das Verhalten zu verstehen. Und auch, wie die Eltern auf das Verhalten reagieren.

Manchmal gelingt dies nur, wenn wir unsere Rollen ablegen. Verlasse ich meine Lehrerinnenrolle und verbinde mich als Mutter mit einem Elternteil, kann ich besser nachvollziehen, wie sich eine Situation anfühlt.

Die Kinder können wir manchmal nur erreichen, wenn wir uns zu ihnen hinunterknien und auf Augenhöhe gehen. So sehen wir die Welt mal wieder aus der Perspektive eines Kindes.

Es kommt auch vor, dass wir in die Rolle von Klassenlehrpersonen oder Schulleitungen gehen und den Eltern so erklären, weswegen in einer grossen Klasse ein Verhalten, das zuhause okay ist, nicht drin liegt.

Ein richtiges Rollen-Spiel also? Es stimmt, dass wir im ELKI unterschiedliche Rollen und Aufgaben wahrnehmen.

Aber gerade, wenn es schwierig wird, etwas nicht gelingt, ungeplant läuft oder wir eine Krise meistern müssen, dann müssen wir heraustreten aus unseren Rollen, nicht zu viel denken und uns als das begegnen und zeigen, was wir sind:
Menschen.